Angst davor
Hallo, ich bins mal wieder. Hab schon lange nicht mehr geschrieben. Ich hab grad zwei grosse Probleme. Das eine ist, dass mir jeden Sonntag schlecht wird und ich dann nicht schlafen kann, weil ich am nächsten Tag Chemie habe, und der Lehrer einen nach vorne holt und eine mündlich Prüfung macht, vor allen anderen. Aber ich kann nicht, ich fang bloss an zu zittern und stottern und dann krieg ich eine 1. Was kann ich da bloss tun?
Und das andere ist, dass ich Angst davor habe mit meiner Familie wieder nach xxx zu ziehen. Ich habe so schlechte Erinnerungen daran. Mein Stiefvater hat mich geschlagen, ich hatte oft blaue Flecken und so. Jetzt kann ich mich besser wehren, aber ich mag keinen Streit und schon gar nicht wenn der Gegner stärker ist als ich. Ich hab Angst davor, dass alles wieder so wird wie damals! Es ist alles so eng da, ich kann mich nirgends hin verkriechen und auch den anderen nicht ausweichen. Vielleicht steigere ich mich in etwas herein, wie meine Freundin sagt, aber ich könnte es nicht ertragen. Gerade jetzt ist es zu Hause nicht mehr so schlimm.
Frage gestellt zu: Liebe, Sex und Freunde
überleben und sich wehren
Liebe Melinda
du schreibst von zwei Problemen und eigentlich ist es bei beiden das Gleiche: du hast Angst. Du befürchtest, dass du dich zuwenig behaupten kannst.
In der Chemie ist es wirklich ein Teufelskreis, du hast Angst, die Angst sorgt dafür, dass dein Kopf nicht gut funktioniert und das schlechte Resultat gibt dir wieder Recht, dass du Angst haben musst. Wie kannst du nun anders in die Chemie-Stunde rein. Ein Trick, der oft funktioniert, wenn man Angst hat, ist sich zu überlegen, was das allerschlimmste ist, was passieren könnte. Z.B. das allerschlimmste wäre stottern und eine 1. Das kennst du und du hast es schon überlebt - also wirst du auch das allerschlimmste Resultat überleben. Also brauchst du gar nicht soviel Angst zu haben, weil du weisst ja schon, dass du es überleben wirst.
Das ist ein sehr wirkungsvoller Trick gegen die Angst, sich die schlimmste Möglichkeit auszudenken und dann zu wissen, das werde ich überleben.
Beim Wohnungswechsel ist es anders, da schreibst du, du könntest es nicht ertragen. Dabei musst du wissen, dass du heute älter bist als das letzte Mal in dem Ort. Heute kennst du mehr Möglichkeiten dich zu wehren. Du könntest deine Lehrerin oder einen Arzt informieren, wenn du geschlagen wirst. Du könntest reden, du könntest deinen Stiefvater stoppen. Heute bist du nicht mehr hilflos wie damals. Das ist ein GROSSER Unterschied. Heute musst du die Schläge nicht mehr ertragen, heute kannst du dich wehren. Was du dazu brauchst, ist der Glaube an dich selber. Du kannst es und du wirst es tun. Das ist wichtig für dich zu wissen. Dann wird die Angst viel kleiner und deine Kraft viel grösser und du wirst dich wirklich wehren.
kopfhoch Melinda - du bist stärker als du meinst!