Entscheidungen treffen
Kann man irgendwie lernen Entscheidungen zu treffen? Ich bin seit einem Jahr eigentlich nur am Entscheidungen vor mich her schieben. Ich warte, lenke mich ab bin dauernd angespannt bis die Deadline da ist, mache alles um alle Optionen offen zu halten, im allerallerletzten Moment oder kurz danach wähle ich dann panisch irgendwie oder das Schicksal wählt und die nächste Zeit hasse ich mich dann, weil ich sicher bin, dass das Gewählte falsch ist und ich das hätte wissen müssen und drehe nur noch darum, ob sich die Entscheidung nicht irgendwie rückgängig machen liesse und bin wieder angespannt. Langsam bin ich mir gar nicht mehr sicher ob ich überhaupt existiere und die Welt real ist, weil alles so absurd ist und ich nur am Drehen und Entscheidungenrausschieben bin. Ich bin mir bewusst, dass ich von den äusseren Umständen her eigentlich verwöhnt bin und Luxusentscheidungen treffen muss und bin auch dankbar dafür. Ich weiss auch, dass man halt irgendwie lernen muss zu entscheiden spätestens in diesem Alter und das nahende Ende des Studiums viele Entscheidungen verlangt. Aber hätten Sie vlt. irgendeinen Tipp, wie ich verhindern kann, mich die nächsten Jahren einfach nur an Entscheidungen kaputt zu quälen? Vielen herzlichen Dank! Die Antwort ist natürlich nicht dringend, geniessen Sie ruhig die Festtage. Ich musste nur mal niederschreiben.
Frage gestellt zu: Liebe, Sex und Freunde
Entscheidungen treffen
Liebe Natalie
Ich kann dich sehr gut verstehen. Jeden Tag müssen wir soo viele Entscheidungen treffen. Insbesondere wichtige Entscheidungen können einem das Leben echt schwer machen. Es ist absolut verständlich, dass du dich darüber nervst, dass es so schwierig ist Entscheidungen zu treffen und dass es dich quält, die getroffenen Entscheidungen stets zu hinterfragen. Das ist echt mühsam und nervenaufreibend und es ist verständlich, dass dich das verunsichert! Man möchte stets die richtige Entscheidung treffen, obwohl es die eine richtige Antwort manchmal gar nicht gibt und wir nicht in die Zukunft schauen können um alle möglichen Konsequenzen vorherzusagen.
Ich habe hier einige Tipps, die dir vielleicht bei deinen Entscheidungen helfen könnten. Probier doch einfach mal aus, was dir bei deinen Entscheidungen helfen könnte:
Verschaffe dir zuerst einen Überblick: Was ist es genau, worüber du entscheiden sollst? Warum braucht es diese Entscheidung und warum fällt sie dir so schwer? Gibt es mehrere Entscheidungsmöglichkeiten und welche Alternativen bieten sich? Was könnten die Konsequenzen sein und wie lange habe ich Zeit um mich zu entscheiden?
Mach dir darüber Gedanken und erstelle anschliessend z.B. einePro-/Kontra-Liste.Nimm ein Blatt Papier und notiere dir oben deine Entscheidungsfrage (z.B. soll ich das Jobangebot annehmen?). Teile das Blatt dann in zwei Hälften und notiere dir zuerst alle Pro-Argumente (für das Annehmen des Jobs) und anschliessend die Kontra-Argumente (gegen das Annehmen des Jobs). Wenn du möchtest kannst du die einzelnen Punkte auch bewerten. Wenn du z.B. denkst ein Argument ist wichtiger, gibst du ihm zwei Punkte. Wenn du ein Argument als weniger ausschlaggebend ansiehst, gibst du ihm lediglich einen Punkt. Schaue am Schluss welche Seite (Pro oder Kontra) überwiegt und treffe deine Entscheidung.
Eine weitere Möglichkeit ist einEntscheidungs-Mind-Map:Dafür schreibst du in der Mitte des Blatts deine Entscheidungsfrage (soll ich das Jobangebot annehmen?) und umkreist sie. Nun ziehst du von diesem Kreis mehrere Linien (Entscheidungsäste), welche deine Entscheidungsmöglichkeiten darstellen sollen (z.B. "Ich nehme das Jobangebot an", "Ich lehne das Jobangebot ab", "Ich warte noch eine Woche und wenn ich bis dann nichts anderes gefunden habe, nehme ich die Stelle an",...). Nun ziehst du von jedem dieser Entscheidungsästen weitere Linien - nämlich jeweils eine für die "positiven Folgen" und eine für die "negativen Folgen". Darunter ziehst du dann weitere Linien und notierst dir deine Gedanken über mögliche Folgen der jeweiligen Entscheidung. Das sollte dir einen guten Überblick verschaffen. Schaue, welche Entscheidungsmöglichkeit die meisten positiven und am wenigsten negativen Folgen mit sich bringt und entscheide dich anschliessend für diejenige.
Das Gute bei der Pro-/Kontra-Liste und dem Entscheidungs-Mind-Map ist, dass du sie stets erweitern kannst. Du kannst also ruhig mal eine Nacht darüber schlafen und anschliessend weitere Punkte notieren. Du könntest die Pro-/Kontra-Liste oder das Entscheidungs-Mind-Map auch mit Freunden besprechen. Aussenstehende Personen sehen das Problem meist etwas objektiver und können dich bei deiner Entscheidung vielleicht zusätzlich unterstützen. Entscheide aber stets in DEINEM Sinne - mache das, was für DICH letzten Endes stimmt!
Du hast geschrieben, dass du eine Entscheidung oftmals hinterfragst, wenn du sie getroffen hast. Ich verstehe, dass das sehr nervenaufreibend und quälend sein kann. Versuche deshalb jedes Mal, wenn du dich dabei erwischst, die Entscheidung zu hinterfragen, dir selbst zu sagen"Stop, ich habe alle Argumente durchdacht und werde jetzt auch so handeln, wie ich mich entschieden habe".Für mich ist es ganz wichtig, dass du weisst, dass man fast nie nur "eine einzige, richtige Entscheidung" treffen kann. Es gibt immer mehrere Möglichkeiten.Habe also Vertrauen in dich und habe keine Angsteinen falschen Entscheid zu treffen. Oftmals überschätzt man die Bedeutung einer Entscheidung und deren Konsequenzen, was einem die Entscheidung noch schwieriger macht. Denke aber stets daran... falls du wirklich mal eine ungünstige Entscheidung getroffen hast, hast du stets noch die Möglichkeit etwas an der Situation zu ändern - es endet nicht gleich alles in einer Katastrophe! Das ganze Leben besteht aus Lernen und durch Fehler lernt man.Es ist also vollkommen ok Fehler zu machenund diese Fehler solltest du dir unbedingt auchverzeihenkönnen! Sag dir in dieser Situation stets "Ich habe alles, was ich in Erfahrung bringen konnte durchdacht und habe mein Bestes gegeben, eine für mich richtige Entscheidung zu treffen. Ich kann nicht in die Zukunft schauen und alle Konsequenten abschätzen."
Erinnere dich stets daran, dass die Erfolge, die du im Leben bereits erleben durftest (z.B. dein Studium!) ein Resultat von deinen positiven Entscheidungen ist! Halte dir stets die Entscheidungen vor Augen, die du absolut richtig getroffen hast und nicht bereust. Das schafft Selbstvertrauen und schöpft Mut für die nächsten Entscheidungen, die anstehen.
Ich wünsche dir ganz viel Mut für die bevorstehenden Entscheidungen und hoffe, dass du die für dich richtigen Entscheidungen treffen wirst (falls sich aber die eine oder andere als ungünstig erweist, versuche sie zu akzeptieren und verzeihe dir selbst!). Du wirst deinen Weg gehen, da bin ich mir sicher!
Ronja