nicht die einfachsten Dinge hinkriegen
Ich bin 17 und im 2. Lehrjahr. Ich wurde schon immer ausgeschlossen und gemobt. Zuhause hatten wir auch öfters Streit und ich fühlte mich unverstanden. Vor einem Jahr bin ich einen Tag von Zuhause abgehauen, worauf mich meine Eltern bei einem Psychologen angemeldet haben. Ich fühlte mich zwar nicht wohl, wollte aber mal sehen, wie es weitergeht. Dann kamen erneut Schulprobleme hinzu und mitte Dezember beschloss ich, mir das Leben zu nehmen. Ein guter Kollege verhinderte dies jedoch und brachte mich zu einer befreundeten Familie, bei der ich seither als Pflegkind wohne. Nach einem halben jahr mit etlichen versäumten Therapiesitzungen beschlossen wir diese abzubrechen. Ca. ein Monat später distanzierte sich dieser Kollege plötzlich von mir und als ich nach dem Grund fragte meinte er, ich solle mehr Zeit mit andern verbringen. Er war aber der einzige mit dem ich über alles reden konnte. Seither haben meine Schulprobleme zugenommen und auch mit der Pflegefamilie komme ich nicht mehr gut aus.
Ich weiss nicht mehr, was ich machen soll und bin wütend auf mich, weil ich nichts mehr hinkrieg, nicht mal mehr die einfachsten Dinge.
Frage gestellt zu: Liebe, Sex und Freunde
die Kraft der Wut nutzen
Hallo Anja
Obwohl du erst 17 bist, scheinst du bereits viele Erfahrungen gemacht zu haben, mit denen andere nie konfrontiert werden. Ich bin froh darüber, dass dein Kollege es verhindern konnte, als du dein Leben beenden wolltest. Und ich wünsche mir für dich, dass du dies auch einmal so sehen wirst, obschon du es im Moment noch sehr schwierig hast.
Ich kann gut nachvollziehen, dass du zwischendurch wütend auf dich bist, weil vieles scheinbar nicht so recht klappen will. Es ist gut, dass dich die Kraft der Wut antreibt - es könnte ja auch sein, dass du vor lauter Deprimiertheit nur noch passiv wärst. Deshalb würde ich an deiner Stelle diese Energie nutzen, um einen Neuanfang zu versuchen.
Was du brauchst ist ein Gegenüber, dem du deine Gefühle anvertrauen kannst und bei dem du dich verstanden fühlst. Offenbar war die Beziehung zwischen dir und dem Psychologen nicht sehr gut, sonst hättest du nicht soviele Therapiestunden versäumt. Das heisst aber noch lange nicht, dass dies in jeder Therapie so ist. Was hälst du von der Idee, es nochmals mit einer Therapie zu versuchen, vielleicht bei einer Frau?
So wie ich dich verstehe, hat sich dein bester Kollege wahrscheinlich distanziert, weil er sich überfordert fühlte und sich gewünscht hat, dass du deine Schwierigkeiten auch mit anderen besprichst. Er hat dir gegenüber bereits bewiesen, dass er dich sehr mag, indem er dich ins Leben zurückgeholt und dir zu einer Pflegefamilie verholfen hat. Es wäre schade, einen solchen Freund ganz zu verlieren. Und ich gebe ihm Recht, dass die Verantwortung für dein Wohlergehen für ihn zu gross ist, um sie alleine zu tragen.
Wenn du dir also Hilfe woanders organisieren könntest, wird sich eure Beziehung hoffentlich entspannen und ihr könnt wieder enger befreundet sein. Anja, gibt nicht auf! Du kannst die Kraft deiner Wut auf dich selber besser einsetzen, indem du aktiv wirst. Wenn du Unterstützung brauchst, um jemanden zu finden, bei dem du dir vorstellen kannst, über deine Situation zu reden, helfe ich dir gerne. Melde dich einfach wieder bei mir, ok?
Liebe Grüsse
Larissa