Rückfällig geworden
Hallo, vor 2 Jahren ist es herausgekommen, dass mein Vater alkoholabhängig ist. Was ich aber schon lange wusste, aber ich habe mich nie getraut es jemanden zu sagen. Meine ganze Familie hat das immer überspielt. Er war auch in therapheutische Behandlung und ist auch seit ca. eineinhalb Jahren trocken. Nun ist er aber rückfällig geworden. Was kann ich machen, denn meine Familie überspielt das wieder. Ich bitte um Antwort.
Gruß Janine (19 Jahre, weiblich)
Frage gestellt zu: Liebe, Sex und Freunde
Wahre Beobachtungen
Hallo Janine
Alkoholabhängigkeit wird heute als eine Krankheit behandelt. Und wenn ein trockener Alkoholiker wieder rückfällig wird, dann kann man es so beschreiben, dass die Krankheit wieder ausgebrochen ist. Du schreibst, dass dein Vater in therapeutischer Behandlung war. Dort wird man mit ihm auch darüber gesprochen haben, dass es bei dieser Krankheit immer wieder vorkommt, dass jemand rückfällig wird. Manchmal auch mehrmals. Rückfälle sind jedoch nicht nur am Anfang des Heilungsprozesses eine ständige Gefahr. Obwohl Rückfälle mit zunehmender Dauer des Trocken-Seins mit der Zeit geringer werden, können sich Abhängige niemals völlig sicher davor fühlen. Noch nach jahrelanger Abstinenz kann es scheinbar ohne zwingenden Grund zu Rückfällen kommen. Rückfälle gehören zu dieser Krankheit, wo der Weg zur Abstinenz lang und beschwerlich sein kann.
Für den Alkoholiker selber ist so ein Rückfall meist sehr beschämend und mit grossen Versagensängsten verbunden. Auch Selbstvorwürfe und Enttäuschung über die eigenen Fähigkeiten lassen den Abhängigen in alte Muster zurückfallen. Wichtig ist in diesem Moment, dass der Alkoholiker sich wieder Hilfe holt. Wenn möglich am besten dort, wo ihm zuvor schon geholfen werden konnte. Möglicherweise wurde damals in der Therapie bereits besprochen wohin er sich wenden könnte, wenn der Rückfall eintreten würde. Und, nicht jeder Rückfall ist gleich zu bewerten. Es kann bei einem "Ausrutscher" bleiben, ohne dass alles wieder von vorne losgeht.
Du hast bereits aus der Situation gelernt. Als Kind eines Alkoholikers nimmst du sehr präzise und sensibel wahr, wenn er wieder getrunken hat. Deine Sinne sind dafür geschärft. Und deine Wahrnehmung ist wahr. Du hast gelernt, das Spiel der Sucht nicht mehr mitzuspielen und nicht mehr mitzuhelfen, um es zu verheimlichen. Allein dein Vater trägt die Verantwortung für sein Verhalten. Vertuschen und überspielen bedeutet das Sucht-Spiel mitzuspielen und schliesslich sich selbst zu belügen. Geh mit dieser Krankheit derart um, wie du es mit einer anderen schweren körperlichen Krankheit auch tun würdest: Sprich deinen Vater darauf an und sag ihm, dass du oder deine Familie ihn nicht heilen können, sondern dass er sich von einer Fachperson helfen lassen soll. Und vielleicht magst du ihm sagen, was du an ihm schätzt, wenn er trocken ist. Kopfhoch.