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Mein Selbstbewusstsein ist plötzlich wieder weg

Liebes Kopf-Hoch-Team!
Ich habe ein Problem, dass da "Konfirmandenunterricht" heißt. Na gut, der Unterricht selber ist nicht das Problem, nur die Leute die auch dort hingehen. Oder meine Hochbegabung. Ich war schon mit den anderen Konfirmanden in einer Grundschule. Damals wurde ich immer von ihnen geärgert, nur weil ich ein bisschen "anders" war. Das "anders" bezieht sich auf meine Hochbegabung. Auch heißt es, dass ich einfach ein Jahr jünger als sie bin, da ich schon mit 5 eingeschult worden bin. Von zwei Leuten wurde ich nicht gemocht. Diese haben die anderen beeinflusst, mich auch nicht zu mögen, da sie irgendeinen Quatsch über mich erzählt haben. So hatte ich ab der 3. Klasse keine Freunde.
Mittlerweile bin ich in der 8. Klasse auf einem Gymnasium. Auf meiner Schule ist niemand in meinem Alter aus meiner alten Grundsschule oder aus meinem Dorf. Das war bei der Schulauswahl Absicht. Ich hatte die Hoffnung, dass sich alles ändert. Das hat es sich auch. In meiner Klasse werde ich respektiert, so wie ich bin.
Nun hat vor kurzem der Konfirmandenunterricht angefangen. Ich kam in die Gruppe und alle starrten mich an. Ich dachte mir, ich kann ja mal versuchen, einfach so zu sein wie ich bin und die Grundschulzeit zu vergessen. Falsch gedacht!! Es ist so geworden wie damals, wenn nicht sogar schlimmer.
Sobald ich in die Nähe der anderen komme, gibt es abwertende Geesten. Auch wenn ich eine Antwort gebe, kommen immer so nette Kommentare wie „Halt’s Maul, Streber!“ oder „Wir wollen mit keinem Streber zusammensein.“ Auf der Rüstzeit wollte ich ursprünglich nicht mitfahren, aber meine Eltern wollten dies. Sie meinten, dass sich vielleicht alles verändere, wenn ich mit den Anderen zusammen wegfahre.
In der Jugendherberge angekommen, gab es zwei Fünferzimmer – für 11 Mädchen. Wie man sieht, blieb ein Mädchen übrig. Wer wohl? Ich! Ich kam bei unserer Pfarrerin auf ein Zimmer. Ich habe ihr meine Geschichte von vorne bis hinten erzählt. Mir lief eine Träne nach der anderen über die Wange. Ich schaffe es nicht oft, von meiner Geschichte zu erzählen. Unsere Pfarrerin leitete ein Gespräch zwischen mir und den Anderen ein, das Endergebnis war, dass ich noch mehr davon überzeugt wurde, dass ich ein Stück Dreck in ihren Augen bin. Mir wurden Sachen geklaut und mein Teil des Zimmers verwüstet. Die Sachen waren nicht unbedingt wertvoll (Haarbürste, Zahnpasta und Haarshampoo).
Ich weiß nicht, was ich falsch mache. Wenn ich ohne meine Eltern, also nur mit meinem Pferd in den Urlaub fahre, komme ich – meistens – mit den verschiedensten Leuten sehr gut klar. Mit meinen Eltern hab’ ich zwar auch schon geredet, aber die nehmen mein Problem nicht unbedingt ernst. „Sitz deine Zeit einfach ab oder gib ein dummes Kommentar zurück.“ kam da nur.
Durch sie geht mein ganzes Selbstbewusstsein, das ich in der Zeit nach der Grundschulzeit mühevoll wiederaufgebaut habe, futsch. Ich singe in unserer Schulband. Durch sie ist mein Selbstbewusstsein wiedergekommen. Ich traute mich immer mehr. Am Anfang hatte ich Angst alleine nur vor unserem Bandleiter – meinem Musiklehrer zu singen. Er hat mich aufgebaut, so dass ich vor einem halben Jahr mit unserer Band im Radio an einem Wettbewerb teilgenommen habe. Unsere zweite Sängerin ist krank geworden und ich hatte total Angst. Aber ich habe sie überwunden.
Jetzt ist alles wie am Anfang. Mein Musiklehrer wundert sich total und fragt mich, wieso mein Selbstbewusstsein plötzlich wieder weg ist. Ihm die Geschichte zu erzählen traue ich mich auch nicht. Ich schaffe es einfach nicht, mit jemandem die Geschichte zu erzählen. Neben mir, meinen Eltern und unserer Pfarrerin kennt sie niemand. Na gut, und die anderen Konfirmanden. Ich habe totale Angst vor ihnen. Liegt es einfach daran, dass ich ein bisschen mehr im Kopf habe als sie? Ich schäme mich richtig für meine Hochbegabung. Aber warum immer nur ich? Ich möchte ihnen mal so gerne meine Meinung geigen, aber auch das traue ich mich nicht. Es sind ja noch ganze eineinviertel Jahre!!!
 Vielen Dank schon mal im Vorraus!

Frage gestellt zu: Liebe, Sex und Freunde

Die rote Linie

Liebe Lilly
Deine Geschichte tut mir sehr leid. Du wirst wirklich sehr unfair behandelt. Ausgeschlossen werden ist etwas, das jedem passieren kann. Meistens liegt es daran, dass man sich durch ein oder mehrere Merkmale vom Rest der Gruppe abhebt. Und genau wie du es beschrieben hast, geht es meistens von einem oder zwei dominanten Schüler aus, die den Rest der Klasse dazu bringen, mitzumachen. Das heisst, dass die anderen Schüler nicht von alleine auf die Idee kommen würden, dich auszuschliessen. Doch sie machen einfach mit, weil das Leben für sie so einfacher ist. Bestimmt ist da auch der eine oder andere, der das auch ziemlich unfair findet, aber lieber so weiter macht, um nicht noch selber ausgeschlossen zu werden. Viel hilft dir das in der konkreten Situation nicht, aber es tröstet ein bisschen. In deinem Fall scheinen deine Mitkonfirmanden ja sehr auf deine Hochbegabung fixiert zu sein. Und zwar so, dass sie dir nicht einmal eine Chance gelassen haben, dich jetzt nach ein paar Jahren neu kennenzulernen. Denn du bist in eine neue Schule gekommen und hast eine Klasse, die dich genau so mag wie du bist, du fährst alleine in den Urlaub und hast so tolle Sachen gemacht, wie mit deiner Band im Radio zu spielen!!! Ich finde es stark von dir, dass du dir dein Selbstbewusstsein in den letzten Jahren so gut aufgebaut hast. Es hat dich bestimmt eine Menge Kraft gekostet. Du darfst wirklich stolz auf dich sein. Wenn ich deine Nachricht lese, nehme ich eine sehr starke und selbstbewusste Person wahr. 
Vergiss also nicht, was die rote Linie bei deinen negativen Erfahrungen mit Mitmenschen ist! Das bist weder du noch deine Hochbegabung, sondern deine ehemaligen Mitschüler und jetzigen Mitkonfirmanden. Versuche dich auf deine positiven Erfahrungen zu konzentrieren, denn das ist dein Haupt-Leben: deine Klasse, dein Pferd und deine Band. Wenn du dir in einem Stundenplan die Zeit aufzeichnest, welche du im Konfirmandenunterricht verbringst, und die, welche du mit dem Rest deines eigenen Lebens, wirst du schwarz auf weiss sehen, dass der Unterricht nur einen kleinen Teil einnimmt. Das heisst, dein Leben besteht aus guten Zeiten mit einem starken Selbstbewusstsein und einer kurzen Zeit pro Woche, wo du tatsächlich die Zähne zusammenbeissen musst. Ich schlage dir vor, dass du dich an diesen Tagen so richtig belohnst. Trag deine Lieblingskleider, hör ganz laut Musik, die dich aufbaut und esse nur dein Lieblingsessen. Nütze den Tag um zu sagen: ihr seit alle so dumm und gemein zu mir? Dann bin ich umso lieber und grosszügiger zu mir selbst!! 
Du schreibst, dass du ihnen so gerne mal die Meinung geigen würdest. Da habe ich noch einen Vorschlag für dich. Schreib ihnen einen richtig starken Brief, in dem du ihnen zusammen als Gruppe oder auch einzeln alles an den Kopf wirfst. Lass deine Gefühle dabei richtig raus, sei ja nicht fair oder diplomatisch, denn in dem Moment geht es nur um dich. In der Fantasie ist alles erlaubt! Nachher kannst du den Brief irgendwo versorgen oder vernichten. 
Ich denke an dich und wünsche dir noch viel Kraft für die nächsten eineinviertel Jahre ! Liebe Grüsse
Kim

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