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Meisterin im "Interesse heucheln"

Hallo, ich frage mich seit einiger Zeit, ob der Mensch in der Lage ist, sich wieder in tierähnlichen Zustand zurückzuversetzen. So nach dem Motto alles, was einen kümmert, sind Schlaf, Essen und Körperpflege - wobei ich mit dieser Zusammenfassung den meisten Tieren wahrscheinlich noch Unrecht tue. Jedenfalls kam mir dieser Gedanke, weil ich das Gefühl habe, in eben diesen Zustand zu gleiten.
Begonnen hat das Ganze vor vielleicht drei Jahren. Ich denke, es hängt möglicherweise damit zusammen, dass ich damals meine beste Freundin verloren habe. Sie ist nicht gestorben, sondern hat sich lediglich von mir abgewandt, nichts Wildes also. Heute ist mir das ziemlich egal, aber damals selbstverständlich nicht. Wie auch immer; es hat damit angefangen, dass ich mich für nichts mehr begeistern und für die Menschen um mich herum nicht mehr interessieren konnte. Es ist, als hätte jemand einen Schalter umgelegt oder als wäre da eine Art Error, der regelmäßig aufblinkt, was zunächst noch gestört hat, aber wie alles andere irgendwann einfach in den Hintergrund gerückt ist. Es ist schrecklich, sich für nichts begeistern zu können oder einem anderen Menschen, dem man vermutlich etwas bedeutet, gegenüber zu sitzen, während er über Dinge redet, die ihm wichtig sind, und du merkst, dass es dir einfach egal ist, denn da ist immer noch die Stimme, die dir sagt, dass du nicht so herzlos sein solltest.
Ich bin Meisterin im "Interesse heucheln" geworden, während der letzten Jahre, wie ein Automat, in den man Münzen einwirft. Soweit so gut. An diese Dinge hatte ich mich ja eigentlich schon gewöhnt, aber in letzter Zeit wird es schlimmer. Da ich ja irgendwie den Tag hinter mich bringen muss,verbringe ich vor allem in der Schule viel Zeit damit, das Verhalten anderer Menschen zu beobachten und je mehr ich über sie lerne, desto weniger kann ich sie leiden. Ich verwandle mich regelrecht in einen Misanthropen, aber zugleich beneide ich sie um die Eigenschaften, die mich so abstoßen. Die Oberflächlichkeit und Gedankenlosigkeit, die Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen, das ständige Bedürfnis, im Mittelpunkt zu stehen, die falsche Bescheidenheit... Ehrlich, ich habe das Gefühl, als liefe ich unaufhaltsam in eine ziemlich eklige Sackgasse.  Danke, für Ihre Aufmerksamkeit und ich hoffe, Sie können aus meinem wirren Geschreibsel irgendetwas Sinnvolles ziehen, das mir vielleicht helfen könnte.

Frage gestellt zu: Liebe, Sex und Freunde

Interessensverlust ist Hauptsymptom der Depression

Liebe Theresa
Ich finde dein Text überhaupt nicht wirr. Ganz im Gegenteil... Ich bin der Ansicht, dass du sehr gut und verständlich beschreiben kannst wie du dich fühlst und was du gegenüber deiner Umwelt empfindest. Unter deinem "Error"-Modus und der Unfähigkeit dich zu begeistern, leidest du stark. Wahrscheinlich beunruhigt es dich aus, dass du diese Symptome bereits seit drei Jahren hast. Das ist eine lange Zeit und ich kann mir gut vorstellen, dass so ein Zustand eine grosse Belastung für dich ist. Beim Lesen deines Textes ist mir vor allem deine "Interessenlosigkeit" aufgefallen. Du interssierst dich nicht wirklich für deine Mitmenschen, in der Schule verbrinst du die Zeit mit "Leute beobachten", deine Faszination und Begeisterung ist verloren gegangen und du hast eine Abneigung gegen viele Aspekte des Lebens/Menschens. Der häufigste Hauptauslöser für eine solche Interessenslosigkeit sind Depressionen oder depressive Phasen. Das kann auch dazu führen, dass du eine gewisse Passivität empfindest... Da du schon lange unter diesem Zustand leidest, empfehle ich dir einen Arzt aufzusuchen und deine Symptome mit ihm zu besprechen. Wenn du tatsächlich eine (leichte) Depression hast, kann man dich mit medikamenten oder therapeutischen Massnahmen unterstützen, damit du dinen "Error"-Modus hinter dir lassen kannst.
Laura

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