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Menschen, denen es noch viel schlechter geht

Hallo Ihr
Erst einmal vielen Dank für die letzte Antwort. Sie war sehr hilfreich.
Ich bin überfordert. Masslos. Mit meinen Schulnoten, mit meiner Familie, mit meiner Zukunft. Und ich bin alleine damit. Zwar sind da meine beiden Ärzte, die ich jede Woche sehe, doch denen kann ichdas wohl schlecht sagen, wie ich mich wirklich fühle. Denn Angesichts meiner nicht allzu dramatischen Situation tue ich mich mit dem Leben wirklich herzlich schwer.
Natürlich, ich habe vor von zu Hause auszuziehen und lass die Eltern überhaupt nichts davon merken, und ja, ich bin in einer komplett verrückten Glaubensgemeinschaft aufgewachsen, die unsere Familie zerriss, ausserdem sind meine Schulnoten wirklich nicht mehr das, was sie mal waren. Das war eine sehr grobe Zusammenfassung meiner Probleme.
Ein niemals offener Konflikt in der Familie und der Gemeinschaft zerrt gerade dadurch, dass nichts ausgesprochen wird, so sehr an meinen Nerven, dass ich mit der Schule nicht mehr klarkomme. So ist es meist. Aber es gibt auch Tage, da halte ich es nicht mehr aus. Möchte weg sein, kann nichts mehr, nicht einmal mehr wollen, und bin so unendlich einsam, dass es mir gleichgültig ist, ob ich existiere oder nicht; wem würde ich schon fehlen. Versinke ich im Selbstmitleid? Ich weiss es nicht. Und selbst wenn -- das wäre mir egal. Ich bin nichts. Wertlos. Es ist alles gleichgültig. Und das macht mir Angst. Weil ich Selbstverletzend bin, weil ich die Kontrolle verlieren könnte, und weil ich genau weiss, wie weit ich für ein klein wenig Aufmerksamkeit gehen würde. Zu weit, viel zu weit, und ich wünschte, ich könnte es ändern. Doch in jenen Augenblicken fehlt mir die Kraft dazu.
Ich weiss nicht warum ich das Ihnen schreibe, warum ich überhaupt jemandem schreibe, aber manchmal will ich gehört werden, denn ich komme nicht klar mit alldem. So hoffe ich, dass Sie einen Rat haben, an wen ich mich in Zukunft wenden soll. Ich habe Angst, dass mich meine Ärzte nicht ernst nehmen (und auch dafür würde ich weit gehen - schon wirds wieder heikel). Die kennen ja wohl Menschen, denen es noch viel schlechter geht und deren Probleme nicht auf eine pubertäre Krise zurückzuführen sind.
Vielen Dank
jayboy

Frage gestellt zu: Liebe, Sex und Freunde

deine Probleme ernst nehmen

Hallo jayboy
Danke für dein Kompliment. Es ist schön für uns zu lesen, dass unsere Antworten helfen. Weisst du eigentlich, dass du eine aussergewöhnliche Gabe hast, dich auszudrücken? Dein Umgang mit Sprache und deine Fähigkeit das Geschehen in deinem Inneren zu beschreiben, sind hervorragend. Ok, wir verteilen hier keine Noten, ich will dir jedoch sagen, deine schlechten Noten haben nichts mit deiner Intelligenz und deinen Fähigkeiten zu tun.
Deine Aerzte wissen, dass dein inneres Gleichgewicht von etwas sehr Schwerwiegendem gestört ist. Natürlich ist es einfacher, wenn diese Ursachen von aussen sichtbar sind. Deshalb bedeutet es jedoch nicht, dass die Belastungen, die deine Persönlichkeit bedrohen, kleiner sind. Sie sind subtiler. Sie sind getarnt. Du tust dir selber Unrecht, wenn du dies als pubertäre Krise abstufst. Es ist viel, viel mehr. Es ist nicht pubertär, sich selbst zu zerstören durch Magersucht. Auf einer Skala von 1-10 der Probleme ist deines etwa bei 8 anzusiedeln. Genügt dir das, um die Tragweite deiner Belastung zu erkennen?
Wenn deine Aerzte dich tatsächlich zu wenig wahrnehmen, druck diese Korrespondenz zwischen dir und mir aus und zeig sie ihnen. Wenn eine Fachperson deine Schilderung liest, wird sie dich ernst nehmen. Das tun wir auch, und darum hast du uns nochmals geschrieben, gell? Deine Probleme haben ein Ausmass, bei dem du Hilfe von aussen brauchst. Du sollst nicht allein sein damit. Hab den Mut und sprich die unaussprechlichen Dinge aus.
bettina

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