Sind Antidepressiva wirklich eine Lösung?
Liebes kopfhoch- team =)
Ich hab so ein paar beiträge gelesen und jetzt kommt mir mein anliegen ein bisschen doof vor irgendwie… weil naja, es gibt ja echt ein paar krasse geschichten. Und trotzdem hatte ich heute endlich mal einen heulkrampf, den sich so lange in mir aufgebaut und zurückgehalten hat…
Meine Familie geht total den Bach runter irgendwie. Wir sind drei Kinder, zwischen 14 und 20 und meine eltern haben nun auch noch das sorgerecht für unseren cousin, 13, übernommen. Sprich, wir sind jetzt 6 leute, die alle halt etwas erleben durch den tag, ihre sorgen und so haben, aber auch ihre erlebnisse. Schon von klein auf war die kleinste so richtig ein nesthäkchen, sie durfte alles, hatte am meisten aufmerksamkeit und wurde so richtig umsorgt, während meine andere sis und ich eher ein bisschen uns gegenseitig unterstützten und so. mein pa war noch nie viel daheim gewesen sondern immer am arbeiten, sprich unsere ma hat uns eigentlich alleine erzogen, was für sie sicherlich nicht immer einfach war.
nun ja, ich bin 20, fange im september an zu studieren und war ein halbes jahr im ausland. Ich weiss nicht ob ich mich so krass verändert habe, oder ob mein pa noch unberechenbarer, älter, lauter und mühsamer geworden ist. Meine schwestern hingegen sagen, es sei tatsächlich schlimmer geworden. Meine eltern streiten eigentlich nicht mal, es ist nur ein total liebloses, respektloses verhältnis. Er schreit alle an, wegen nichts. Alle haben angst oder respekt vor ihm, er schreit sogar meinen cousin an, er solle langsamer essen (ähm, was wenn er hunger hat?! So etwas hab ich noch nie erlebt). Er schreit die kleine an, wenn sie ihm etwas helfen will und falls sie nicht angeboten hätte, hätte er sie sicher auch angeschrien. ICH KANN NICHT MEHR. Bei mir wurde letzte woche beim neurologen chronische spannungskopfschmerzen diagnostiziert, ich bin tablettensüchtig und es wurde mir empfohlen, antidepressiva zu nehmen, weil ich zu einer leichten depression neigen könnte… was ich aber nicht wollte, weil mir das zeug nicht so behagt.
ich bin so kaputt, ich weiss auch nicht wieso. Halt immer kopfschmerzen, darf keine schmerzmittel mehr nehmen und auch sonst… ich weiss nicht ob ich das richtige studieren will, und überhaupt. Und eben diese ganze miese stimmung zuhause, so dass ich es hasse, von meinem job heimzukommen.
ich weiss nicht mehr weiter. Ich kann mit meinem vater nicht reden, will ich auch nicht, es bringt ja doch nichts. Meine mam hat nie zeit und wenn, dann plärren nach zwei sätzen die kleinen dazwischen und dahin das ganze. Ich weiss auch nicht, was ich denn sagen soll, wenn ich mit ihr rede.
das mein pa ein tyrann ist? Sogar sie merkt es ja und sie traut sich nichts dagegen zu tun. Ich traue mich halt nicht, weil ich finanziell ziemlich abhängig bin… aber das nun noch 6 jahre aushalten während einem studium? Ich kann ja nicht mal daheim lernen.
ich weiss nicht was ich tun soll, ich bin kaputt, kann nur noch heulen und mag mich nicht mehr anstrengen, am abend mit den anderen meinem pa eine heile nette welt vorzuspielen, nur weil er nicht hören mag, wenn es jemandem schlecht geht, „man kann es ja eh nicht ändern.“
Aber sind antidepressiva wirklich eine Lösung? Ich habe schon immer versucht, mich immer mehr abzugrenzen von diesem negativen, das mein pa ausstrahlt, von seinen sprüchen ich sei arrogant, ich erzähle fast nichts mehr, weil es ja doch keinen mehr interessiert. Aber ich kann mich doch nicht noch kleiner und noch unbedeutender machen… ich bin ja schliesslich immer noch ein Mensch!!
So, ich hoffe ihr versteht mein anliegen ein bisschen =) ich weiss nicht mehr weiter.
Ich war immer ein aufgestellter mensch, der freude am leben hatte, ideen und träume… nun habe ich das inzwischen so in mich hineingestopft in den hintersten winkel, dass ich selber daran keine freude mehr habe.das kanns doch nicht sein.
(sorry, etwas lang ;))
Frage gestellt zu: Liebe, Sex und Freunde
Es gibt verschieden Wege
Liebe Milli
Du hälst die angespannte Situation in deiner Familie und deinem Zuhause nicht mehr aus. Das ist verständlich, so wie du die Situation beschreibst. Dabei sollte das Zuhause ein Ort sein, wo man sich entspannen kann, wo man sich um andere kümmern muss, aber auch die anderen auf einen schauen, wo man seine Probleme besprechen kann. Sozusagen eine Oase im Alltag. Fällt das weg, zeigen sich mit der Zeit Auswirkungen auf Körper und Seele. In deinem Fall hast du chronische Spannungskopfschmerzen entwickelt. Vermutlich bist du tablettensüchtig geworden, weil du versuchst hast, dich selber zu behandeln. Leider nützen normale Schmerzmittel bei chronischen Schmerzen nicht gut. Dir wurde Antidepressive wohl nicht nur gegeben, weil du zu einer leichten Depression neigen könntest (was gut sein kann, so wie du deine Familiensituation und deine Gefühlslage beschreibst), sondern auch weil sie erwiesenermassen die Schmerzverarbeitung im Gehirn beeinflussen und bei chronischen Spannungskopfschmerzen helfen. Ich habe aber Verständnis, wenn du sagst, dass dir das nicht behagt.
Du könntest -bevor du dich doch für eine Medikation entscheidest- dir ein paar Monate Zeit geben und versuchen, deine Gefühlslage und die Kopfschmerzen auf andere Weise zu behandeln. Das kannst du selbständig oder mit professioneller Hilfe, das heisst mit einer Therapie, versuchen. Denn du musst lernen, wieder der aufgestellte und stressresistente Mensch zu sein, der du mal warst. Dafür solltest du dir kleine Oasen im Alltag schaffen, die du zu Hause eben nicht hast. Gönne dir positive Erlebnisse (zum Beispiel auch mit deiner Mutter, entführ sie irgendwo hin, um Kaffe und Kuchen zu essen und zu quatschen), mache Sport, probier verschiedene Entspannungsmethoden wie Yoga aus und lerne dir nicht zuviel vorzunehmen, also auch mal Nein zu sagen. Es gibt viele psychologische Beratungsstellen, an die du dich wenden kannst, wo verschiedene Entspannungstechniken und Stressbewältigungsmechanismen trainiert werden. Natürlich kannst du das alles parallel machen, also Antidepressiva, Therapie und im Alltag besser zu dir schauen. Das ist vermutlich der beste Weg.
Liebe Grüsse
Kim