top of page

Eltern melden sich nicht

Hallo. Ich bin vor 2 Jahren zu Hause ausgezogen. Ich bereue diesen Schritt nicht. Was mich jetzt manchmal traurig stimmt, das sich meine Eltern bei mir nie melden. Nie ein Anruf, wie gehts? Immer liegst an mir. Ich weiss, ich bin erwachsen, aber ich hätte gerne das Gefühl, das Sie mit mir gewisse Sachen teilen. Sei es nur ein "Daumen drücken" für eine Prüfung. Meine Geschwister haben Familie, von Ihnen höre ich auch nie etwas, nur wenn ich mich melde. Man könnte ja meinen, das Sie mich gar nicht lieben. Vielleicht ist es ja so. Das Zweite ist, wenn ich bei meinen Eltern bin, dann werde ich behandelt, als wohne ich noch dort. Mach das und dies. Dabei bin ich ja "Gast". Nicht das ich nicht helfen möchte, im Gegenteil. Meine Mutter war im Krankenhaus. Sie sagte dann, wir müssen uns mehr Sorge tragen. Aber es hat sich gar nichts geändert. Es ist genau wie vorher.

Frage gestellt zu: Liebe, Sex und Freunde

Nähe und Distanz

Hallo Zora
Als du den Schritt unternommen hast, von zu Hause wegzuziehen, wurde es offensichtlich, dass du in ein eigenständiges Leben trittst. Die Loslösung der Kinder von ihrern Eltern und der Aufbau eines selbständigen Lebens ist jedoch ein Prozess, der seine Zeit braucht. Alle Beteiligten müssen sich erst über ihre neuen Rollen und Grenzen klar werden. Mit einer neuen Wohnsituation werden jeweils auch die Grenzen zwischen Mein und Dein neu abgesteckt.  Das kann zu Missverständnissen führen, da noch viele Unsicherheiten im Umgang mit der neuen Situation gibt. Eines in diesem Loslösungsprozess ist jedoch konstant: du bist und bleibst die Tochter deiner Eltern. Möglicherweise sind sich deine Eltern gar nicht sicher, wie sie den Kontakt mit dir halten und gestalten sollen. Vielleicht haben sie die Vorstellung, dass sie dich in deinem jungen eigenständigen Leben nicht belästigen und sich nicht dreinmischen wollen und deshalb sich eher passiv verhalten. Lebt man räumlich voneinander getrennt, dann fällt es den einen oft schwer sich ein Bild über den Tagesablauf des anderen zu machen. Einerseits neugierig doch andererseits unsicher, verhalten sich dann viele vorsichtig, um den anderen nicht zu stören oder gar zu verletzen. Ein offenes Zugehen kann dabei Blockaden lösen. Du schreibst, dass du gewisse Sachen mit deinen Eltern auch weiterhin teilen willst. Überlege dir, was das für Sachen sind, die dir wichtig sind. Mach eine Favoritenliste und beginne das was dir am wertvollsten ist, schrittweise einzufordern. Sprich deine Eltern darauf an, was du an ihren Reaktionen vermisst und was du aber auch schätzt. Das ist das eine.
Das andere was dich beschäftigt, ist das du beim Besuch deiner Eltern rasch in das altbekannte Muster von früher eingesogen wirst: Damals als deine Eltern für dich und dein Wohlergehen verantwortlich waren und du Teil des Familienhaushalts warst. Die vertraute Umgebung macht es deinen Eltern schwierig, anzuerkennen, dass du erwachsen geworden bist und gut für dich selber schauen kannst. Zu präsent sind ihre Bilder, als du noch ihr kleines Mädchen warst. Denn als du noch ein Kind warst, übernahmen deine Eltern die Fürsorge für dich und deine Geschwister. Heute kannst du selber für dich sorgen. Es könnte jedoch sein, dass deine Eltern mit zunehmendem Alter und Gebrechlichkeit von dir erwarten, dass sie nun Fürsorge von deiner Seite erhalten. Kläre das. Zuerst bei dir, ob du dazu und wie weit bereit wärst. Und dann sprich deine Eltern darauf an, was sie für Erwartungen haben. Gut wäre es, sich auch unter Geschwistern darüber auszutauschen.
karin

bottom of page